Mit der Omnibus-Richtlinie (von lat. omnibus „für alle“) werden gleich mehrere EU-Verbraucherrecht Richtlinien modernisiert und halten damit einige, tiefgreifende Neuerungen für das Verbraucherschutzrecht bereit. Die Änderungen wirken sich schon seit dem 28. Mai 2022 auf den Online-Handel aus und stärken mehr denn je die Verbraucher, sorgen für mehr Transparenz und zielen auf ein einheitliches Verbraucherrecht innerhalb der EU.
Wichtige Neuerungen in der Übersicht
1. Änderungen der Preisangabenverordnung
2. Änderungen bei der Widerrufsbelehrung und dem Widerrufsrecht
3. Änderungen bei den Informationspflichten
4. Änderungen der allgemeinen Informationspflicht für Betreiber von Online-Marktplätzen
1. Änderungen der Preisangabenverordnung
A. Preisermäßigungen § 11 PAngV
Der neue § 11 in der Preisangabenverordnung schreibt vor, dass bei der Werbung mit Preisermäßigungen ein vorheriger Verkaufs- oder Gesamtpreis anzugeben ist. Die neue Vorgabe zielt damit auch auf, vom Marketing gerne benutzte „statt“ Preise oder die sogenannten Streichpreise.
Dabei richtet sich dieser anzugebende vorherige Gesamtpreis nach dem niedrigsten Gesamtpreis, den der Händler in den letzten 30 Tagen für diese Ware vom Verbraucher gefordert hat.
Die Preise können als Gegenüberstellung oder durch einen prozentualen Abzug dargestellt werden. Die Neuregelung gilt für Waren im E-Commerce als auch im Ladengeschäft. Lediglich auf schnell verderbliche Waren, die für den Abverkauf vor dem Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums reduziert worden sind oder Artikel die mit UVP beworben werden findet der § 11 PAngV keine Anwendung.
B. Grundpreisangabe § 5 PAngV
Der Grundpreis ist der Preis je Mengeneinheit, einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Bestandteile. Die Pflicht zur Angabe besteht zwar schon seit dem Jahr 2020, aber mit der Modernisierung müssen ab sofort Grundpreis und Endpreis klar erkennbar angegeben werden. So soll mit der Angabe des Grundpreises dem Käufer ein leichterer Preisvergleich ermöglicht werden. Das gilt besonders bei Packungen mit unterschiedlicher Füllmenge.
Wenn Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche angeboten werden, dann muss der Grundpreis klar erkennbar neben dem Gesamtpreis zu sehen sein. Also auf einen Blick wahrnehmbar. Kleinere Einheiten von 100ml, 100g oder 100cm dürfen bei der Preisdarstellung nicht mehr verwendet werden. Als verbindliche Einheit für die Grundpreisdarstellung dienen für eine bessere Preistransparenz 1 Kilogramm oder 1 Liter. Ausgenommen sind Waren wie z.B. Speiseöl, Essig oder Spirituosen, die für die Selbstabfüllung vorgesehen sind.
2. Änderungen bei der Widerrufsbelehrung und dem Widerrufsrecht
Wichtig ist, dass die Änderungen wie immer exakt abgebildet werden müssen, da sonst eine Angreifbarkeit droht. Die Modernisierungsrichtline schreibt vor, dass die Angabe einer Telefonnummer als zwingende Angabe in die Widerrufsbelehrung gehört. Hingegen ist die Angabe einer Telefaxnummer nicht mehr verpflichtend. Unabhängig vom Erhalt der Widerrufsbelehrung gilt außerdem eine einheitliche Widerrufsfrist von 14 Tagen. Bei keiner oder einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung endet die Frist nach 12 Monaten und 14 Tagen.
Besondere Anpassungen gibt es beim Widerrufsrecht von digitalen Inhalten und digitalen Dienstleistungen.
A. Digitale Inhalte
Bei der Vermarktung von digitalen Inhalten, die nicht auf einem Datenträger gespeichert sind, gibt es auch zahlreiche Änderungen im Detail. Explizit sind nur solche digitalen Inhalte vom neuen Gesetz erfasst, die per Download bereitgestellt werden. Da digitale Inhalte nach Erhalt beliebig reproduzierbar sind, wird das Gesetz zugunsten der Onlinehändler in Form eines frühzeitigen Widerrufsausschlusses angepasst.
B. Digitale Dienstleistungen
Digitale Dienstleistungen sind Dienste, die in digitaler Form vermarktbar sind und den Umgang mit Daten ermöglichen. Das sind zum Beispiel Datei-Hosting und Cloud-Speicher. Mit der Änderung kann das Widerrufsrecht für Dienstleistungen bei vollständiger Leistung vorzeitig zum Erlöschen gebracht werden. Damit sollen vertragliche Interessen von Unternehmern nicht gefährdet und die erbrachte Leistung nicht entwertet werden.
3. Änderungen bei den Informationspflichten
A. Profiling für Preispersonalisierung
Mit Hilfe von Nutzerdaten aus verschiedenen Quellen ist es möglich, ein Verbraucherprofil zu erstellen. Je nach Surfverhalten oder den in Endgeräten gespeicherten Daten lassen sich sehr präzise Aussagen über das Privatleben und Kaufverhalten treffen.
Onlinehändler, die diese Informationen nutzen und ihre Preise aufgrund automatisierter Entscheidungsfindung personalisieren sind nach Art. 246a § 1 Abs. 1 Nr. 6 EGBGB in der Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher. Diese Information darf sich nicht in den AGB verstecken, sondern gehört mit zur Preisauszeichnung. Dadurch soll dem Verbraucher die Möglichkeit gegeben werden, die durch eine automatisierte Preispersonalisierung verbundenen Risiken bei der Kaufentscheidung mit zu berücksichtigen.
B. Zwingende Kontaktinformationen
Onlinehändler sind dazu verpflichtet, stets eine Telefonnummer und E-Mail-Adresse mitzuteilen.
C. Streichung Kontaktinformationen
Die Angabe einer Telefaxnummer ist im Zuge der technologischen Entwicklung nicht mehr zwingend. Natürlich kann diese freiwillig mitgeteilt werden.
D. Angabe und Nutzung weiterer Online-Kommunikationsmittel
Onlinehändler die andere Online-Kommunikationsmittel nutzen, müssen zwingend darüber im Impressum informieren. Erforderlich ist es auch, dass der Verbraucher die Korrespondenz abspeichern kann. Bei den Diensten WhatsApp oder Facebook passiert dies zum Beispiel automatisch. Wenn allerdings ein Chatbot genutzt wird, muss der Chat-Verlauf vom Verbraucher abgespeichert werden können.
4. Änderungen der allgemeinen Informationspflicht für Betreiber von Online-Markplätzen
Auch die Online-Marktplätze sind von den Neuerungen betroffen und müssen künftig gem. § 312k BGB ihrer Informationspflicht gegenüber dem Verbraucher nachkommen. Betreiber müssen ab sofort Informationen über die Hauptparameter zur Verfügung stellen, die über das Ranking der Angebote entscheiden und dem Verbraucher als Ergebnis der Suchanfrage präsentiert werden. Beispiele dafür sind die Anzahl der Aufrufe des Angebots, die Anzahl der Verkäufe des Produkts oder das Datum der Einstellung des Angebots.
Online-Marktplätze müssen ebenso darüber informieren, ob es sich bei dem Anbieter um ein Unternehmen oder einen Privatanbieter handelt. Handelt es sich nämlich nicht um ein Unternehmen, finden die Vorschriften für Verbraucherverträge auch keine Anwendung und der Verbraucher hat keine Rechte gegenüber dem Markplatz-Betreiber.